Sigrid Kopfermann
Sigrid Kopfermann
11.8. – 8.10.2006
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Bereits die Kindheit von Sigrid Kopfermann, 1923 in Berlin geboren, ist geprägt von ästhetischem Empfinden und Pioniergeist. Als Enkelin des Flugpioniers Otto Lilienthal, und Tochter des Architekten Walter Kopfermann, schlägt sie, ihrer inneren Notwendigkeit folgend, den Weg in die Malerei ein. Mir fiel beim intensiveren Betrachten ihrer Arbeiten die Nähe zu August Macke und Paul Klee auf, insbesondere eine bestimmte Affinität zu den berühmten Aquarellen, die während der Tunesienreise, 1914, entstanden sind. Für den Zeichner Paul Klee war diese Reise bezeichnend, entdeckte er in Tunesien die lichtdurchflutete Farbe, was ihn zu dem enthusiastischen Ausspruch veranlasste: „Die Farbe und ich, wir sind EINS. Ich bin Maler“. Wenn Sigrid Kopfermann bekennt :“ Ich komme ganz und gar von der Farbe“, so zeigt dies die Verwandtschaft einerseits zu Klee, aber auch zu August Macke, der während der Tunesienreise die Bildtiefe allein durch reine Farbkontraste verwirklichte. Aber auch das von Paul Klee in Tunesien praktizierte aufrastern der Bildfläche, die Einteilung in Bildflächen, und –flecken können wir insbesondere bei Kopfermann in den Arbeiten Mitte der 50er Jahre, vornehmlich in den auf Ibiza und in Tetuan entstandenen Arbeiten erkennen. Ende der 50er Jahre setzt Kopfermann reine Farben und erzeugt allein durch diese einen Bildraum, ohne auf perspektivische Hilfen zurückzugreifen. Dies lässt das Bild Bild sein, Farbe auf Leinwand, anstatt Abbild, die Illusion des Gesehenen. Und dennoch hält Kopfermann die Waage zwischen Figuration und Abstraktion. Ihre Malerei entwickelt sich zwar schrittweise zur Abstraktion, ohne jedoch das Band zum Figurativen endgültig zu zerreißen. Kopfermann hält stets die Balance, auch wenn die Schaukel mal mehr zur einen oder anderen Seite ausschlägt. Malen, so erklärt sie, das ist wie das Leben selber, Kampf, Risiko, aufgeben, wieder anfangen, manchmal etwas zerstören, um Neues zu erringen. Man muss sich in ihre Malerei einfühlen, um dies nachzuvollziehen. Das sich Eins fühlen mit der Farbe, dem Motiv, ruft jedoch gleichsam nach Distanz. Und so möchte ich behaupten, ist jedes Kunstwerk ein Ergebnis von Einfühlung und Abstraktion, nicht nur für den Betrachter – wie es der 1911 durch seine Theorie bekannt gewordenen Wilhelm Worringer thematisierte – sondern ebenfalls für den Künstler. Die Arbeiten Sigrid Kopfermanns spiegeln dieses Zusammenspiel zwischen Abstraktion und Einfühlung in bezeichnender Weise wider. Dr. Claudia Schaefer |
Über meine Malerei Mit fünfzehn Jahren – in Berlin – wollte ich Ölbilder malen, aber mein Vater meinte, ich sollte erst zeichnen lernen. Als meine Eltern vereist waren, kaufte ich mir bei Wertheim Ölfarben und malte unser Haus, den Garten und den Grunewaldsee. Von da an bestimmte die Malerei mein Leben – und ich male immer noch mit Ölfarben. Mich fasziniert in der Malerei die Möglichkeit, ganz subjektive Dinge – Erfahrungen, Ordnungen, Risiken – zu objektivieren. Ich genieße es, in einen Arbeitsprozess eingebunden zu sein, der mich festhält, der mich führt und den ich manchmal führe. Ich habe das Gefühl, daß das Malen für mich eine lebenslange, konstante, oft schwierige und mich manchmal beglückende Partnerschaft ist. Die Farben sind für mich das Wichtigste. Sie haben Körper, und sie haben Raum. Das Volumen der Farben wird immer von der Farbe selbst bestimmt. Meine Themen kommen aus der Arbeit. Sei sind nicht vorher ausgedacht, sondern bieten sich an, wenn ich konzentriert arbeite und Glück habe. Glück das ist wichtig. Meine Themen, die mich jeweils drei bis vier Jahre festhielten, hießen: Wald/Wachsen – Kreise/Wirbel – Strömungen – Flechtungen – Lichter – Bergbilder/Nachtbilder und nun Berge und Rosen. In Ihnen belebt und füllt sich die Großflächigkeit und Ruhe meiner vorherigen Bergbilder mit präzisen Formen, die wie ein transparentes Netz die Berge irritiert. Das hat damit begonnen, daß ich mich über einen Rosenstrauß gefreut hatte und spontan begann, Rosen in den Himmel eines Bergbildes zu malen. Das tat dem Bild gut, und nun formierten sich lasierend gemalte Blüten zu Rheien, blähten sich auf zu hellen, duftigen Riesenblüten oder verschrumpelten, zu fast schwarzem verwelkten Geranke. Ich male schnell, brauche aber oft Tage für geringe Verbesserungen. Ich male über die ganze Fläche und lege Schicht um Schicht lose aufeinander, wobei jede Schicht die vorherige ins Wanken bringt und so lange im Griff behält, bis sich aus diesem Dialog allmählich das Bild zurechtschiebt. Durch diese Verschiebung wird die Dichte des Bildes erkämpft. Jemand, der – wie ich – seit Jahrzehnten malt, ist heute in einer vertrackten Situation. Die Maltraditionen, in denen ich groß geworden bin und denen ich mich verhaftet fühle – die ich jedenfalls weder abschütteln kann, noch will -, empfand ich zunächst als Beflügelung – in wachsenden Maße aber auch als Belastung. Das Voranschreiten wurde zusehends schwerer. Jeder Schritt nach vorne ist immer auch eine Auseinandersetzung mit dem Gewesenen und das Bemühen, Elemente mit hineinzunehmen in das Neue. Hinzu kommt die Aktualität ringsum. Auch hier müssen die Wesentlichkeiten herausgefunden werden, die für einen selbst in Frage kommen. So kein soziales Engagement, und ich will niemanden auf etwas hinweisen, will keine Missstände aufzeigen. Ich will die Farben so setzten, daß sie ein Bild ergeben, daß sie funktionieren wie ein lebendiges Gefüge, das so organisiert ist, daß es stimmt.
Sigrid Kopfermann
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