Distanzierte Wirklichkeiten Monzel I Schamphelaere I Zanier 4.2. – 30.4.2017

Vorbemerkung
Die Fotografie ist längst Folge einer Vermassungsindustie: Die Technik erlaubt fast jedem Laien, Kamera, Objektiv, Belichtung, Perspektive, Scharfstellung usw. so einzusetzen, dass gute, manchmal sogar sehr gute Bilder entstehen können. Es entscheidet aber über die Qualität des Besonderen das Motiv, das Einstellen auf einen Moment, die Hartnäckigkeit bei der Auseinandersetzung mit einem Thema, das „feeling“ für die Zuspitzung eines Projekts durch ein serielles Konzept, die Regeln des Lichts, die Innenspannung einer Aufnahme, ein Arbeitsprinzip, schließlich die Wahrheit des Gesehenen. Erst wenn dies alles sich in einem ansprechenden Fokus versammelt, können wir Qualitätsmerkmale und eine fotografische Professionalität erkennen und künstlerisch, ästhetisch sowie allgemein kulturell bestätigen.

 

Dr. Friedrich Monzel, Wim de Schamphelaere und Luca Zanier, ein Deutscher, ein Belgier und ein Schweizer, warten genau mit dieser Niveau-Option auf. Sie werden in dieser Ausstellung in der cubus kunshalle zum individuellen Botschafter ihres Landes, ihrer humanen Konditionierung und ihrer seriösen, individuellen Ideenvielfalt. Ein Lichtpoet, ein Reportage-Meister und ein Raum- und Architektur-Dokumentarist – die drei Fotografen stehen für ein europäisches, internationales, humanistisch geprägtes Museumsniveau. Jeder beweist auf seine subjektive Weise, dass sich hochwertige, sinnbetonte Fotografie vom Massenprodukt abhebt. In bewundernswerter, zuweilen radikaler oder auch monumentaler Weise.

 

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Wim de Schamphelaere
Der Fotograf aus Antwerpen zog vor einigen Jahren in die weite Welt aus, um dort, im für ihn zuvor noch Unbekannten, eigene Wirklichkeitserfahrungen zu machen, um Bilder von Menschen, die nicht im Licht stehen und voraussichtlich nie in ihrem Leben Wohlstand erreichen werden, mit Hingabe und Engagement in ihrem „live-Umfeld“ abzulichten. So wie sie leben, wie sie kommunizieren, wie sie ihre Haltung ausdrücken, mit welchen Attributen sie sich schmücken oder ihr Ich „erklären“. Er ist dabei ihr ideeller Partner. Wim de Schamphelaere, Jahrgang 1963, verfährt dabei wie Romanheld Robinson Crusoe: immer an Entdeckungen interessiert, immer an der Konfrontation mit fremder Kultur sich reibend, immer neugierig auf das Ursprüngliche, auch das Naive oder gar das Primitive als unverfälschte Natur anzuerkennen. Madagaskar und afrikanisches Festland (Mali, Senegal, Äthiopien zum Beispiel: Serie „Meeting Africa“), Thailand und andere asiatische Länder, Belgien/Flandern oder Kuba bereist er, um diesem Anspruch gerecht zu werden: die Würde des anderen, vielleicht Ärmeren, Misshandelten, Isolierten oder Ausgegrenzten, in seiner Realität abzubilden. Aufmerksam, ehrlich, ohne pathetische Zuspitzung. Bis zu acht Meter lang sind seine Bilder-Friese, in denen er eine Häuserwand, eine Müllkippe, eine Fensterreihe oder ein posierendes, aus Gesten heraus lebendiges, vitales Mädchen in Variationen, einen Einheimischen-Kral im Ganzen als soziale Community ablichtet. Manchmal erlaubt er sich in seinen Reportage-Portfolios ironische Seitenhiebe im bildnerischen Duktus. Dabei lenkt er den Blick dennoch nur auf das Wesentliche. Jedes Bild von ihm erzählt eine Geschichte, die mehrere Kapitel hat – er fasst diese Einzelgeschichten zum Panorama eines Dorfes, einer Stadt, eines Landes, eines Volkes, einer Kultur stringent zusammen. Sein Impuls: der Respekt vor „dem Anderen“.

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Luca Zanier
Der Schweizer Künstler, Jahrgang 1966, widmet sich bestimmen Themenkreisen: Landschaft, Architektur, Industrie, Technik, Stillleben. Aber er geht dabei nicht eindimensional vor, sondern befruchtet das Motiv durch eine spannungsgeladene Mehrgleisigkeit: Wie lebt und arbeitet der Mensch in bestimmten Räumen, wie wird Architektur funktional oder spektakulär belichtet, welcher Geist erfasst und bestimmt das Klima von Industrie, Technik, Kraft, Dynamik und in stattlichen, aber noch überschaubaren Orten, wie lässt sich die „Power“ eines Raumes auf die Anwesenden übertragen, wie lässt sich Energie fotografisch abbilden? Der Fotograf mit italienischen Wurzeln suchte, um diese besonderen Konditionen der Kommunikation und des Machtbewusstseins aufzuspüren, Städte und Institutionen in Brüssel, Straßburg, Berlin, Zürich, New York oder London auf: Industrie-Dome und Technik-Kathedralen, Elektrik-Zentren und Parlamentsgebäude, Bibliotheken und Tunnel-Schächte sind erklärte Großaufnahmen von außerordentlicher Interaktion. Wo „sitzen“ die Machthaber dieser nur scheinbar unbelebten Welt, wie stellt sich das Verhältnis von Raum/ Mensch/ Öffentlichkeit dar? Was ist Sein beziehungsweise Nicht-Sein? Luca Zanier braucht eine intensive Vorarbeit für seine Studien der Objektkraft. Das (überwiegend künstliche Saal-) Licht spielt auch bei ihm eine spezifische, sogar dramatische Rolle. Es leuchtet Strukturen eines faszinierenden, aber von Menschen verlassenen Ortes aus.
Sein zweites Generalthema: Raum und Energie. In dieser Serie interessiert sich Zanier für das Wechselspiel von Ort und Arbeit. Hallen, scheinbar endlose Gänge, Schleusen, kryptische Zeichen, ein Gewirr von Kabeln und Röhren – Einblicke in Kohlekraftwerke, Atomanlagen, Endlagerstätten u.a. bewirken eine Reaktion zwischen Ohnmacht und Verzauberung. Der Fotograf zeigt Universen ganz eigener, technischer, funktionaler Art. Diese Energiezentren will er in ästhetische Räume verwandeln – er zielt auf eine Mischung aus Bedrohung und Fortschritt.

In Künstlergesprächen werden die drei Fotografen innerhalb der Ausstellungsdauer im „cubus“ Auskunft über ihr Arbeiten und ihre Zielsetzungen geben.

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EINLADUNG

Friedrich Monzel I Wim de Schamphelaere I Luca Zanier

Die cubus kunsthalle freut sich in Jörg Loskill einen kompetenten Kurator gefunden zu haben, der die unterschiedlichen Sicht- und Arbeitsweisen der drei Fotografen einander gegenüberstellt und dadurch einen spannenden Einblick in das jeweilige Oeuvre ermöglicht.

Begrüßung zur Austellungseröffnung

Dr. Claudia Schaefer, cubus kunsthalle, duisburg
Grußworte Thomas Krützberg, Kulturdezernent der Stadt Duisburg
Einführung Jörg Loskill

Hans-Jörg Loskill , 1944 geboren, war von 1968 bis 2008 Kulturredakteur bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), und ist seit 1992 Dozent an der Kunstakademie in Münster.

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